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Motocross Enduro Ausgabe 07/2019

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TEST: Beta RR 125 LC Im

TEST: Beta RR 125 LC Im Stand: Aufstiegskandidat Keine Ahnung, ob ihr bislang nur auf’m Mofa oder E-Tretroller unterwegs wart, ob ihr im Kleintierzüchterverein oder beim „Christlichen Verein Junger Männer“ seid. Aber wenn ihr auf Dauer was anderes sehen wollt als schlappohrige Karnickel und andere junge Männer, wenn ihr einfach „da“ mal raus wollt, Freiheit und Abenteuer abseits ausgetretener Pfade sucht und in eine neue Welt eintauchen wollt … ja dann hätte Beta das hierfür geeignete Umstiegs- bzw. Aufstiegsvehikel. Nämlich genau diese RR 125 LC, die für 2019 zwar technisch nur subtil (neuer Auspuffkrümmer), dafür optisch umso deutlicher (komplett neu designte Plastikteile und Dekor) aufgewertet wurde. Durch das äußerst erwachsene Erscheinungsbild fällt es nun selbst dem erfahrenen Enduristen schwer, dieses „schteilische“ Stollenmoped auf Anhieb von einer ausgewachsenen Geländesportenduro zu unterscheiden. Sie verfügt über ein zeitgemäßes Triebwerk (Euro- 4-homologiert) wie auch über ein entsprechendes Fahrwerk und Serienbereifung, um auf Anhieb die unbekannte Welt dort draußen im Grünen wortwörtlich zu erfahren. Neben den Updates für 2019 blieb es beim bekannt robusten wie auch leichten Chassis, das direkt von den großen Geländesportenduros der Marke abgeleitet wurde, soliden Federungskomponenten, die ihrer Aufgabe gewachsen sind, einem E-Starter (aber kein zusätzlicher Kickstarter …!), grobstolliger Endurobereifung, Einschlüssel-System für Tank-, Sitzbank- und Lenkradschloss sowie einem multifunktionalen Cockpit mit Servicefeature. All das zu einem Verkaufspreis von 4490 Euro (zuzüglich 149 Euro Fracht), der durchaus angemessen ist. Wenn auch das Fehlen eines serienmäßigen Unterfahrschutzes oder von Handprotektoren schnell ins Auge fällt. In Aktion: Raus in diese unbekannten Weiten Wie gesagt, unsere RR 125 LC ist leicht mit ihren großen Schwestern aus der Kategorie „Competition“ zu verwechseln. Erst bei näherer Betrachtung fallen die allgemein etwas reduzierten Maße auf, die diese 125er in etwa der Statur einer Beta Xtrainer Freeride-Enduro annähern. Und wie Letztere (also mit vergleichbar reduziertem Leergewicht wie auch Sitzhöhe) vermag es diese kleine Beta, mit relaxter Lockerheit und natürlicher Präzision durch Forst und Prärie zu kreuzen. Im Vergleich zu den großen Schwestermodellen aus der Wettkampfklasse fällt der hierfür erforderliche Fahrerinput drastisch geringer aus. Eine Tatsache, die so ganz nebenbei dem Langzeitgenuss ausgedehnter Stadtfluchten äußerst zuträglich ist. Addiert man hierzu den geringen Verbrauchswert von gerade mal 3,1 Liter pro 100 Kilometer (unser Testverbrauch), so hat sich Betas RR 125 LC durchaus den Titel „Langspielversion“ unter den vergleichbaren Enduros verdient. In diesen Kontext fügen sich die Federungskomponenten und deren Abstimmung nahtlos ein. Mit einem komfortorientierten Grundsetting, das dennoch über eine erstaunlich resistente Endprogression des Federwegs verfügt, versteht es diese Enduro bestens, nicht nur Wurzeln und Kanten überzeugend zu absorbieren, sondern auch mittelgroße Jumps und Drop-offs. Die ausgewogene Vorne/hinten-Balance der Federungskomponenten spricht Bände über die ausgefeilte Feinabstimmung von Seiten Betas und ist hier auch von ganz besonderer Bedeutung. Denn weder Gabel noch Stoßdämpfer verfügen über hydraulische Einstellmöglichkeiten von Druck- und Zugstufendämpfung. Okay, auch wenn dieses Stollenmoped über erstaunliche Nehmerqualitäten verfügt, so ist sie dennoch nicht gerade geschaffen für Ausflüge auf die Crosspiste oder den Renneinsatz. Aber zumindest eines kann ich sagen: Nach meinem Wissen bietet sie aktuell das beste Enduro-Chassis ihrer Kategorie – Punkt! Um mit solch einer 125er schnell und effektiv im Unterholz voranzukommen, ist es natürlich entscheidend, das Triebwerk mit entsprechend hoher Drehzahl „bei Laune“ zu halten und stets den eingeschlage- 20 MOTOCROSS ENDURO

„Betarocker statt Betablocker“ nen Weg zu antizipieren, um rechtzeitig entsprechende „Killerauffahrten“ vermeiden zu können. Denn bei allem Fahrspaß und allen Fähigkeiten, die dieser kleinvolumige Viertakter bietet, ist es wenig erfolgversprechend, (zu) lange und (zu) steile Auffahrten in Angriff zu nehmen. Hierfür bräuchte es schon einen größeren Reitstall als die 15 Pferdchen unter dem Benzintank …! Auf flüssig zu fahrenden Singletrails ohne größere Höhenunterschiede fühlt sich die RR 125 LC jedoch pudelwohl. Hier kann man das gelungene Zusammenspiel aus (wenn auch geringer) Durchzugskraft und agilem Chassis voll ausnutzen, was unter den genannten Voraussetzungen eine erstaunlich flüssige und relaxte Fahrweise ermöglicht. Definitiv ein Triebwerk, das besonders fein auf die Anforderungen unseres Lieblingssports abgestimmt wurde. Letzteres wird bestens durch ein Getriebe unterstützt, dessen Abstufung hervorragend mit der gegebenen Leistungsentfaltung harmoniert, sich locker und präzise schalten lässt und bei dem man auch stets auf Anhieb den Leerlauf auffindet – keine Selbstverständlichkeit bei so manchem Mitbewerber. Auch die Kupplung erfordert nur geringe Betätigungskräfte, dafür eine umso längere Eingewöhnungszeit, denn sie greift erst sehr spät gegen Ende des Hebelweges. Aber lasst uns nicht vergessen, worum es hier letztendlich geht … denn derart geringer Spritverbrauch (der locker das Doppelte an Autonomie wie ’ne große Geländesportenduro ermöglicht …!) in Kombination mit dem ultra-leisen Endschalldämpfer lässt einem ganz diskret und genussvoll Stunde um Stunde draußen im Grünen verbringen. Aber irgendwie will sich dann das CBS-Bremssystem nicht so recht ins überzeugende (Enduro)Bild einfügen. Zumindest ist dies nicht der Fehler von Beta, sondern beruht auf aktuellen EU-Bestimmungen. Um nämlich das Euro-4-Label und damit eine Straßenzulassung zu erhalten, benötigen Leichtkrafträder der Führerscheinklasse A1 (also von 50 bis 125 ccm) nämlich entweder ein ABS-Bremssystem (hier jedoch zu teuer in der Umsetzung) oder das genannte CBS-Kombibremssystem. Letzteres mag seine Meriten auf Asphalt und in den Händen von Fahranfängern haben, aber wer die typischen Enduro-Fahrtechniken wie beispielsweise Brakeslide zum Wenden einsetzt oder einzusetzen lernen will, für den hält dieses CBS-Bremssystem so manch unangenehme Überraschung parat. Wenn man bei der Einfahrt in eine sehr enge Kehre zu fest auf das Bremspedal tritt (dieses aktiviert zeitgleich die Vorderradbremse …!), kann das Vorderrad urplötzlich blockieren, was in einem sofortigen Sturz resultiert. Und nein, das sind keine theoretischen Schilderungen, sondern eigene schmerzhafte Erfahrungen aus dem Testalltag. Selbst jahrzehntelange Erfahrung im Dirtbiken konnte uns nicht vor mindestens einem solchen Sturz pro Testausritt bewahren … )-: Fazit: Vorteil Enduro Klar könnt ihr mit Betas kleinster 4-Takt-Enduro täglich von A nach B und später wieder von B nach A zurückfahren. Ihr könnt mit ihr stilvoll vor der Schule aufkreuzen und am Nachmittag nebst Freundin zum nächsten Baggersee aufbrechen. Aber auch wenn die RR 125 LC unbestreitbare Alltagsqualitäten aufweist, so fühlt sie sich doch erst so richtig draußen in der Pampa zuhause. Denn dort kann sie all ihre besonderen Qualitäten anwenden und ausspielen, generiert förmlich zum motorisierten Wanderstiefel für jeden abenteuer- und unternehmungslustigen Enduro-Einsteiger und beweist somit ganz nebenbei, dass die Bezeichnung Enduro vom Begriff Endurance (dt. Ausdauer) abstammt. Kurzum, die kleine rote aus der Toskana ist geradezu eine Enduro mit besonders großem E …! • Text u. Fotos: Alexander „Auf ’ner 125er fühl ich mich gleich jünger“ Stephan • Actionpilot: Sebastien „Ich bin zumindest schon mal wirklich jünger als du“ Diss MOTOCROSS ENDURO 21

Motocross Enduro / Ausgaben 2014-2022

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